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7 Bands, die den Grunge-Sound geprägt haben

Was sich Mitte der 80er in der Westküstenstadt Seattle anbahnt, kann damals noch niemand einschätzen. Doch spätestens als Nirvana 1991 ihr zweites Album „Nevermind“ auf die Menschheit loslassen, wird deutlich: Der Grunge soll die Musikwelt völlig umkrempeln. Diese sieben Bands standen dabei an vorderster Front.

Drain You (Live On "Nulle Part Ailleurs", Paris, France/1994) (Official Music Video)
Drain You (Live On "Nulle Part Ailleurs", Paris, France/1994) (Official Music Video)

Nirvana

Einen Text zum Thema Grunge nicht mit Nirvana zu beginnen, wäre lächerlich. So gehören Kurt Cobain, Krist Novoselic und Dave Grohl zwar nicht zu den alleinigen Wegbereitern des Genres, sind aber mit großem Abstand die kommerziell erfolgreichsten Vertreter des Grunge. Während ihr Debüt „Bleach“ (1989) noch zarte 40.000 Mal über die Ladentheke geht, brechen mit dem zweiten Album „Nevermind“ alle Dämme. Satte 30 Millionen Exemplare stehen in den Plattenregalen dieser Welt, womit „Nevermind“ zu den 40 erfolgreichsten Alben aller Zeiten gehört. Vor allem mit der Single „Smells Like Teen Spirit“ schreiben die drei Musiker Rockgeschichte, denn diesen Song kennt wirklich jeder. Kurt Cobain selbst hatte von dem Stück irgendwann die Nase voll, wie er in einem Interview mit dem Rolling Stone verrät: „Jeder hat sich so sehr auf diesen Song konzentriert. Er findet so viel Anklang, weil die Leute ihn eine Million Mal auf MTV gesehen haben. Er wurde ihnen ins Gehirn gehämmert. Ich denke aber, dass es viele andere Stücke gibt, die ich geschrieben habe, die genauso gut oder sogar besser sind, wie zum Beispiel ‚Drain You‘.“ Mit ihrem dritten und leider letzten Album „In Utero“ legen Nirvana 1993 eine deutlich härtere Gangart ein. Am Am 5. April 1994 nimmt sich Kurt Cobain im Alter von nur 27 Jahren das Leben.

THE MELVINS // Live (Full Set) 1989
THE MELVINS // Live (Full Set) 1989

Melvins

Auch die Melvins stammen aus Seattle und nehmen in ihrer Heimatstadt eine Menge Einfluss auf die Entwicklung des Grunge. So ist es zum Beispiel Melvins-Frontmann Buzz Osborne, der Kurt Cobain und Krist Novoselic überhaupt erst mit Dave Grohl bekanntmacht. Am Anfang trommelt Melvins-Schlagzeuger Dale Crover sogar noch höchstpersönlich für Nirvana. Doch auch in musikalischer Hinsicht legen Osborne und seine Mitmusiker einige Grundsteine für den Grunge, der die erste Hälfte der 90er dominieren soll. Das Grundrezept dafür ist denkbar einfach: Man nehme etwas Hardcore-Punk, füge ein wenig Kiss hinzu, ergänze das Ganze um eine Prise New Wave, schütte noch zweieinhalb Kilo Black Sabbath hinterher und fertig ist die Melvins-Mische. Schon mit ihren ersten beiden Alben „Gluey Porch Treatments“ (1987) und „Ozma“ (1989) schneidet sich die Band mit der Flex durch das Wohlfühlzentrum ihrer Zuhörerschaft und trifft damit im wahrsten Sinne des Wortes einen Nerv. Interessierte Musiker wie Cobain und Co. hören ganz genau hin und nehmen eine Menge Melvins mit in den Proberaum. Übrigens: Die Gruppe beeinflusst nicht nur maßgeblich die Entwicklung des Grunge, sondern ebnet auch den Weg für eine Musikrichtung, die ab Mitte der 90er unter dem Namen Sludge ihren Siegeszug antreten sollte.

Mudhoney - Touch Me I'm Sick [OFFICIAL VIDEO]
Mudhoney - Touch Me I'm Sick [OFFICIAL VIDEO]

Mudhoney

Als Melvins-Frontmann Buzz Osborne und Schlagzeuger Dale Crover gegen Ende der 80er von Seattle nach San Francisco ziehen, bleibt Bassist Matt Lukin als einziger Melvin in der Stadt zurück. Er verlässt die Gruppe und steigt stattdessen bei Mudhoney ein, die 1988 ihre erste EP „Superfuzz Bigmuff“ veröffentlichen und damit einen kleinen Urknall in der Seattle-Szene auslösen. Mit „Mudhoney“ erscheint am 1. November 1989 das Debütalbum der Gruppe. Damit trägt die Band ihren Teil dazu bei, dass die starke Szene in Seattle in den folgenden Jahren die ganze Welt erobern kann. Mudhoney selbst bleiben über die Stadtgrenzen hinaus zunächst recht erfolglos. Generell: Lukin und Co. zählen nicht zu den kommerziellen Profiteuren des Grunge. Von ihrer erfolgreichsten Platte „Piece Of Cake“ (1992) werden gerade einmal 150.000 Exemplare verkauft. Doch im Untergrund gehören Mudhoney seit Jahrzehnten zu den Top-Adressen, wenn es um verzerrte Gitarren, großartige Songs und Punk-Attitüde und geht. Im Gegensatz zu vielen ihrer Genre-Kollegen bleiben Mudhoney kontinuierlich aktiv. Der einzige Besetzungswechsel findet statt, als Matt Lukin die Gruppe im Jahr 2000 verlässt. An seine Stelle tritt Guy Maddison, mit dem Mudhoney seitdem immerhin fünf weitere Alben veröffentlicht haben.

Alice In Chains - Would? (Official HD Video)
Alice In Chains - Would? (Official HD Video)

Alice In Chains

Alice In Chains beginnen ihre Karriere im Jahr 1987 und entleihen ihren Namen einem früheren Glam-Metal-Projekt von Gitarrist Jerry Cantrell: Alice N’ Chains. Manche überrascht das, denn in den 90ern tun die coolen Grunger ja gerne mal so, als hätten sie mit dem peinlichen Hair Metal der 80er nichts zu schaffen. Ihre größten Erfolge feiern die Seattler schon mit ihren ersten beiden Alben „Facelift“ (1990) und „Dirt“ (1992), Stücke wie „Man In The Box“, „Would?“ und „Rooster“ hallen bis heute nach. Das liegt nicht nur am zweistimmigen Gesang von Gitarrist Cantrell und Frontmann Layne Staley, sondern auch an dem düsteren, vom Metal beeinflussten Einschlag der Gruppe. Leider begibt sich Layne Staley ab Anfang der 2000er aufgrund seiner Drogensucht in die soziale Isolation, mit nur 34 Jahren zieht er sich vollständig in sein Haus zurück. Dort stirbt er am 5. April 2002 an einer Überdosis Heroin und Kokain. Als die Polizei ihn zwei Wochen später in findet, stellen die Beamten fest, dass Staley zum Zeitpunkt seines Todes nur noch 39 Kilogramm gewogen hatte. Heute sind Alice In Chains wieder aktiv, am Mikro steht nun William DuVall. Bisher hat uns das die zwei Top-Alben „The Devil Put Dinosaurs Here“ (2013) und „Heavier Fog“ (2018) beschert.

Silverchair mit Ana's Song (Open Fire)

Grunge

Grunge

Alle großen Grunge-Hymnen gibt es im entsprechenden BOB-Stream. Hört doch mal rein!


Es läuft:
Silverchair mit Ana's Song (Open Fire)
Soundgarden: Beyond the Wheel - song 8 of 8 (April 16, 1990 at Philipshalle. Düsseldorf, Germany)
Soundgarden: Beyond the Wheel - song 8 of 8 (April 16, 1990 at Philipshalle. Düsseldorf, Germany)

Soundgarden

Im ohnehin schon düsteren Grunge waren Soundgarden die Düstersten: Ihnen verdanken wir überragende Alben wie „Badmotorfinger“ (1991), „Superunknown“ (1994) und „Down On The Upside“ (1996); auch die ersten zwei Platten der Gruppe genießen Kultstatus. Immer wieder beeindruckend: die vier Oktaven starke Stimme von Frontmann Chris Cornell, die zum Beispiel in Songs wie „Beyond The Wheel“ zur Geltung kommt. Leider rutscht die Gruppe ab Mitte der 90er in die Krise, am 8. April 1997 geben die Legenden offiziell ihre Auflösung bekannt. Allerdings nicht für immer: Am 1. Januar 2010 vermelden Soundgarden via Twitter, dass sie wieder da sind. Bis 2017 gibt die Band noch einmal alles, veröffentlicht mit „King Animal“ (2012) ein weiteres starkes Album — doch am 18. Mai 2017 nimmt sich Frontmann Cornell das Leben. Ebenfalls erwähnenswert: 1991 veröffentlicht Cornell mit den Musikern von Pearl Jam unter dem Namen Temple Of The Dog ein gleichnamiges Album. Als Soundgarden von 1997 bis 2010 eine Pause einlegen, schließt sich der Frontmann mit Tom Morello, Tim Commerford und Brad Wilk von Rage Against The Machine zusammen, unter dem Namen Audioslave veröffentlicht das Quartett von 2002 bis 2006 drei Platten. Darüber hinaus brachte Cornell zu Lebzeiten vier Soloalben raus.

Pearl Jam - Alive (From the BBC)
Pearl Jam - Alive (From the BBC)

Pearl Jam

Jede der bisher genannten Bands stammt aus Seattle. Pearl Jam bilden da keine Ausnahme. Als die Gruppe im Sommer 1991 ihr Debüt „Ten“ veröffentlicht, sind Frontmann Eddie Vedder und Co. damit schon „late to the party“, wie man im Englischen sagt. Auch nach der Veröffentlichung dauert es noch einmal eine Weile, bis „Ten“ so richtig Fahrt aufnimmt. Doch als die Platte im Herbst 1992 endgültig in der Musikwelt ankommt, schlägt sie dort gleich ein wie ein Meteorit. Mehr als 15 Millionen Mal müsste das Album in Regalen auf der ganzen Welt stehen. Nicht nur das: Mit „Vs.“ (1993) und „Vitalogy“ (1994) veröffentlichen Pearl Jam noch mindestens zwei weitere Raketen-Platten, die millionenfach Anklang finden. In einem Interview mit den Los Angeles Times verrät Frontmann Eddie Vedder: „Ich glaube, dass wir den Leuten irgendwann etwas geben wollten, an das sie glauben konnten, weil auch wir selbst Bands hatten, die uns etwas gegeben haben, an das wir glauben konnten. Nach unserer ersten Platte und der Reaktion darauf war das unsere größte Herausforderung. Die Frage war: Wie können wir weiterhin Musiker sein, wachsen und in diesem ganzen Trubel überleben? Es war nicht immer einfach, die Antworten darauf zu finden, aber ich denke, das ist uns ganz gut gelungen.“

Stone Temple Pilots - Live at MTV Spring Break Rocks 1997
Stone Temple Pilots - Live at MTV Spring Break Rocks 1997

Stone Temple Pilots

Auch in Kalifornien kommt der Grunge Ende der 80er an, denn 1989 finden in San Diego die Stone Temple Pilots zusammen. Als sie im September 1992 ihr erstes Album „Core“ veröffentlichen, fallen die Reaktionen auf die Platte sehr unterschiedlich aus. Während die Presse eher zurückhaltend bleibt und die Band für ihre Einfallslosigkeit kritisiert, fahren die Fans tierisch auf die Stone Temple Pilots ab und veredeln das Debüt der Gruppe mit achtfachem Platin. Dass viele Musikjournalisten mit der Platte nicht allzu viel anfangen können, macht Sänger Weiland mehr zu schaffen, als man denken könnte: „Am Anfang war das wirklich schmerzhaft“, erzählt er in einem Interview, „weil ich davon ausgegangen bin, dass die Kritiker verstehen würden, woher wir kommen und dass das keine dummen Rocksongs sind.“ In kommerzieller Hinsicht geht es für die Gruppe immer wieder auf und ab, was unter anderem mit den öffentlichen Drogeneskapaden von Sänger Scott Weiland zu tun hat. Doch die meisten Kritikerinnen und Kritiker können die Stone Temple Pilots über die Jahrzehnte verstummen lassen. Aktiv ist die Band noch immer — allerdings ohne Weiland, der im Dezember 2015 mit nur 48 Jahren an einer Überdosis Kokain, Alkohol und Amphetaminen stirbt.